AKTUELLES SCHULEWIRTSCHAFT Saarland

Interviews

Hier erfahren Sie alles Wissenswerte rund um unsere Interviews im Rahmen unserer SCHULEWIRTSCHAFT-Arbeit im Saarland.

SCHULEWIRTSCHAFT Saarland zu Besuch bei ...

Bernd Jähn, stellvertretender Schulleiter der GemS Neue Sandrennbahn in Homburg und Nils Grützner, Leiter für Berufsorientierung am LPM

SCHULEWIRTSCHAFT hat nachgefragt, welche Motivation die beiden Vorsitzenden haben, aktiv im Arbeitskreis mitzuarbeiten und welche Vorteile das Netzwerk bislang gebracht hat. Welche Bedeutung hat die berufliche Orientierung aus Sicht einer Schule und welche Rolle spielen Eltern als Multiplikatoren für die berufliche Orientierung der Jugendlichen. Diesen und weiteren Fragen gehen wir auf den Grund.

SCHULEWIRTSCHAFT: Herr Jähn, Sie sind stellvertretender Schulleiter der Gemeinschaftsschule Neue Sandrennbahn in Homburg-Erbach. Was ist das Besondere an Ihrer Schule? Was macht Ihre Schule aus?

Jähn: Unsere Schule macht aus, dass sie nicht nur das fachliche, sondern auch das soziale Lernen in den Vordergrund stellt und das Zwischenmenschliche. Wir sind eine Schule, die sehr viel Wert darauf legt, dass die Schüler ordentlich miteinander umgehen. Die Schüler sollen wissen, wofür sie lernen und dass sie nach der Schule einen Anschluss erhalten. Dann sollten sie wissen, welchen Beruf sie ergreifen wollen. Wichtig ist, dass sie da schon gut informiert sind. Berufsorientierung ist ein großes Markenzeichen unserer Schule.


SCHULEWIRTSCHAFT: Herr Grützner, was können Schulen tun, um die Ausbildungsreife ihrer Schülerinnen und Schüler zu verbessern?

Grützner: Ich denke es ist wichtig, dass die Schüler frühzeitig damit anfangen, sich damit zu beschäftigen, was sie später einmal machen möchten. D.h. zu wissen, welche Stärken und Schwächen ich habe und welche Ziele ich mir setzen möchte. Und sich Gedanken darüber machen, wie sie ihre Ziele auch erreichen können.


SCHULEWIRTSCHAFT: Seit vielen Jahren gibt es im Saarpfalz-Kreis unseren Arbeitskreis. Sie Beide haben den Schulvorsitz für den AK übernommen: Was hat Sie motiviert, sich im Netzwerk zu engagieren?

Jähn: Also mich hat motiviert, die Arbeit einfach fortzusetzen und mitzuwirken. Ich kenne den Arbeitskreis schon seit er damals von Herrn Ruppert und der Firma Bosch begleitet wurde. Die Anfänge sind schon ca. 15 Jahre her und seitdem besteht dieser Arbeitskreis kontinuierlich und wir haben immer wieder neue Partner gefunden und interessante Betriebe und Menschen kennengelernt. Genau um dabei mitzuwirken, habe ich gemeinsam mit Herrn Grützner beschlossen, diesen Arbeitskreis SCHULEWIRTSCHAFT im Saarpfalz-Kreis als Sprecher zu begleiten.

Grützner: Ja, als Herr Jähn mich ansprach, ob ich Interesse hätte im Arbeitskreis SCHULEWIRTSCHAFT als Sprecher mitzuarbeiten, habe ich sofort „ja“ gesagt. Es ist für mich ein ganz wichtiges Element in der Berufsorientierung, da ich hier als Lehrkraft die Möglichkeit habe, direkt mit einer Vielzahl von Betrieben in Kontakt zu kommen und sich auszutauschen. Was fällt den Betrieben auf? Wie suchen Betriebe heute neue Mitarbeiter, also diejenigen die bei uns die Schule verlassen und einen Beruf ergreifen möchten? Wo sind ihre Schwerpunkte?  Wo sind ihre Bedürfnisse? Wenn hier ein Austausch stattfindet, kann ich in der Schule auch meine Schüler besser auf die Welt draußen und auf die Arbeitswelt vorbereiten.


SCHULEWIRTSCHAFT: Welche Vorteile hat Ihnen das Netzwerk bislang gebracht in puncto Austausch zwischen Schule und  Betrieben vor Ort?

Grützner: Es gab zahlreiche Kontakte zu Vertretern von Betrieben. Aus diesen Kontakten wiederum entstanden Möglichkeiten, mit Schülern in Betriebe zu gehen, Betriebserkundungen durchzuführen. Die Unternehmen haben Programme aufgelegt, in denen sie unsere Schüler einladen, um die Ausbildungsmöglichkeiten kennenzulernen. Ein besonderes Highlight für unsere Schule war natürlich, dass wir einen Partnerbetrieb gefunden haben, mit dem wir sehr eng zusammenarbeiten.

Jähn: Der Partnerbetrieb Bernd Burgard begleitet uns schon seit ein paar Jahren mit einem Saalrenovierungsprojekt. Schüler erleben die Arbeit auf der Baustelle vor Ort. Sie werden angeleitet von erfahrenen Mitarbeitern der Firma und können ausprobieren, ob genau diese Tätigkeit, dieses Handwerk ihnen Spaß macht oder nicht. Auf diesem Weg haben wir in diesen Betrieb schon etliche Auszubildende vermitteln können. Gearbeitet wird in der Schule, die dann ganz nebenbei verschönert wird. Unsere Kooperationspartnerin Birgit Burgard konnten wir in diesem Zusammenhang für den Unternehmensvorsitz unseres Arbeitskreises SCHULEWIRTSCHAFT gewinnen.


SCHULEWIRTSCHAFT: Ihre Gemeinschaftsschule bietet das Fach „Beruf und Wirtschaft“ an. Wie wird das Fach von Lehrern und Schülern angenommen?

Grützner: Wir haben schon vor dem Fach „Beruf und Wirtschaft“ den Bereich „Arbeit und Beruf“ als Schwerpunktthema in unserer Schule verankert gehabt. Damals noch im Fach „Arbeitslehre“ und insofern konnten wir vieles von dem, was wir bereits an Konzepten hatten, in dem neuen Fach wiederfinden. Die Schüler arbeiten gerne in dem Fach mit und finden es spannend herauszufinden, welche Möglichkeiten ihnen mit ihrem angestrebten Schulabschluss offenstehen. Es ist uns auch sehr wichtig mit den Schülern herauszuarbeiten, dass der Schulabschluss keine Sackgasse ist, in der man nur noch eine bestimmte Anzahl an Berufen kennenlernen kann, sondern dass dieses Bildungssystem so durchlässig ist, dass man alle seine Ziele, die man sich setzt, auch erreichen kann, wenn man sich dementsprechend engagiert und motiviert arbeitet. Der zweite Teil des Fachs „Beruf und Wirtschaft“ ist der Bereich Wirtschaft. Der ist für viele Kollegen neu. Wir machen einzelne Projekte, wo Schüler feststellen, wie Wirtschaft funktioniert, wie der Umgang mit Geld funktioniert, usw. Das macht auch sehr viel Spaß.


SCHULEWIRTSCHAFT: Welche Tipps haben Sie für junge Leute bei der Berufswahl?

Jähn: Ich denke, der wichtigste Tipp ist: Schau es dir an! Mach ein Praktikum! Überprüfe vor Ort, ob das ein Beruf ist, der dich ausfüllt und dir Spaß macht. Und diesen Tipp gebe ich auch immer den Schülern, die über den weiteren schulischen Weg bis zum Abitur kommen wollen. Denn es ist durchaus sinnvoll und möglich, den schulischen Weg auch mal durch eine Ausbildungsphase zu unterbrechen und dann wieder in der Schule einzusteigen. Beispiel: Wenn jemand die mittlere Reife hat und kann bei einem dieser großen Unternehmen hier vor Ort eine „Duale Ausbildung“ machen, dann hat er nach Abschluss der Berufsausbildung auch den Fachoberschulabschluss erreicht oder eine Stufe tiefer gesehen, wer mit dem Hauptschulabschluss eine Berufsausbildung ablegt und dann anschließend an die Fachoberschule wechseln möchte, der hat das erste Jahr der Fachoberschule gespart und kommt dann wieder auf diesem Weg zur Schule zurück und hat bessere Voraussetzungen das Ganze auch bis zum Ende zu bringen.

Grützner: Mein Tipp für die Schüler ist es: Ihr seid alle unterschiedlich, also stellt fest, wo sind eure Stärken gegenüber den anderen. Und was ist euch besonders wichtig. Und wenn ihr das kennt, dann findet ihr auch Berufe und Berufsfelder, in denen ihr euch wohlfühlt, die euch gut tun. Wer Spaß an der Arbeit hat, der geht gerne zur Arbeit und ist dann auch erfolgreich. So gelingt die Berufswahl.


SCHULEWIRTSCHAFT: Sie haben die berufliche Orientierung an Ihrer Schule gut aufgestellt und begleiten Ihre Schüler ab Klasse 8 bis in die Oberstufe: Könnten Sie für uns einmal ein aktuelles und für Sie wichtiges Projekt herausgreifen und kurz umschreiben?

Jähn: Unsere Schulform der Gemeinschaftsschule bietet mit den Fächern „Arbeitslehre“ und „Beruf und Wirtschaft“ die Möglichkeit, praktisch Dinge auszuprobieren und herauszufinden, in welche Richtung es gehen kann. Wenn es uns gelingt, diese lebensweltorientierten Fächer auch im Oberstufenbereich mit zu verankern, dann hätten wir eine Schulform, die attraktiv ist für Schüler, die wissen, wohin sie möchten und die sich schon in der Schule auf die Welt draußen und auf die Arbeitswelt vorbereiten möchten und hier eine Vororientierung haben.

SCHULEWIRTSCHAFT: Ist die Ganztagsschule für Sie ein Thema?

Jähn: An diesem Thema sind wir natürlich schon seit ein paar Jahren dran und werden dranbleiben. Allerdings hat eine Elternbefragung ergeben, dass wir nur so etwa 30 bis 40 % der Eltern zum Ganztagsbereich gewinnen können. Einige entscheiden sich dann auch noch für die freiwillige Ganztagsschule, aber nehmen ganz bewusst nicht den Weg über die Ganztagsklasse. Die Gründe sind unterschiedlich. Da will ich jetzt gar nicht darauf eingehen, aber wir verschließen uns diesem Gedanken nicht. Es ist für uns eine Option und wir sind auch im Gespräch mit Nachbarschulen hier im Ort, die auf einem ähnlichen Weg sind. Es ist politisch/schulentwicklungspolitisch angedacht, dass mindestens eine Schule im Saarpfalz-Kreis Ganztagsschule werden soll und da bedarf es noch einiger Abstimmungen.


SCHULEWIRTSCHAFT: Eine wichtige Frage für unsere Akteure ist die der Einbindung von Eltern in Berufswahlprozesse: Wie gehen Sie vor, um Eltern in ihrer Rolle als Multiplikatoren für die berufliche Orientierung der Jugendlichen zu gewinnen?

Grützner: Eltern sind bei der Berufswahl ein sehr wichtiger Faktor. Wenn man sich anschaut, wie die Berufswahl bei Schülern von statten geht, so sind drei Faktoren wichtig für das berufliche Ziel. Neben den Eltern und der Schule ist  ein weiterer entscheidender Faktor die Peergroup, also die Mitschüler und wie die wiederum auf die Interessen und beruflichen Interessen des Schülers reagieren. Man möchte ja etwas machen, was in seiner internen Gruppe anerkannt ist. Deswegen ist es für die Schule besonders wichtig, dass Berufsfelder attraktiv vorgestellt werden und hier können Eltern dazu beitragen, indem sie ihre Berufstätigkeit in der Schule präsentieren. Hier sind wir bei Vorüberlegungen, aber ein konkretes Projekt, wie wir Eltern in den Schulalltag hier einbinden, steckt noch in den Kinderschuhen.

Jähn: Es gab einmal einen Elternabend z.B. in einem Betrieb. Da waren Schüler und Eltern vor Ort und haben den Betrieb kennengelernt. Was sehr gut angekommen ist. Was vielleicht sogar besser ankommt, als wenn man den Elternabend generell immer nur in der Schule veranstaltet. Auch das könnte ein Weg sein, mehr die Betriebe in diese Elternarbeit miteinzubinden und vor Ort zu zeigen, was da alles möglich ist.

Grützner: Elternarbeit heißt auch, dass wir mit den Eltern arbeiten müssen, um zu thematisieren, was sind eigentlich berufliche Vorstellungen. Viele Eltern haben berufliche Vorstellungen für ihre Kinder, die aus ihrer Berufswahlzeit heraus resultieren. Die Situation und die gesellschaftliche Situation hat sich aber inzwischen verändert. Es ist wichtig, dass Eltern, die ja das Beste für ihr Kind wollen, auch entsprechend auf den Stand sind, welche Möglichkeiten Kinder heutzutage in Sachen Berufswahl und Berufsorientierung haben. Nur dann können Eltern positiv und sinnvoll ihre Kinder auch so betreuen, wie es ihr Wunsch ist: nämlich das Beste für ihr Kind.

SCHULEWIRTSCHAFT: Ihre Schule scheint ja sowohl in der Region, als auch überregional gut vernetzt zu sein. Im Hinblick auf aktuell geplante Aktivitäten: Gibt es Kooperationen mit Funktionsträgern in Ihrer Gemeinde?

Jähn: Sicherlich gibt es solche Kooperationen und Netzwerke. Z.B. sind wir bei der Stadtteilkonferenz immer vertreten auch als Mitglied und auch als Akteure bei Veranstaltungen. Wir beteiligen uns am Weihnachtsmarkt als die Schule vor Ort. Konkret sieht das so aus: freitags werden wir vorstellig mit einer Schülergruppe von ca. 10 Schülern und helfen beim Aufbau der Hütten, der Weihnachtshäuser, der Stände. Wir haben dann an einem der Wochenendtage einen Stand, an dem wir etwas anbieten können und montags sind wir wieder mit einer Schülergruppe vor Ort und helfen beim Abbau, so dass die Schüler erfahren können, was konkret vor Ort passiert. Andererseits können aber auch die Gemeinde, die Vereine, die Funktionäre vor Ort sehen, dass sich die Schule einbringt und ihre Lücke gefunden hat, die sie füllen kann. Ansprechpartner ist bei uns der Landrat, weil wir in der Trägerschaft des Kreises sind. Er unterstützt uns bei allen Aktivitäten. Natürlich auch bei SCHULEWIRTSCHAFT-Aktivitäten.


SCHULEWIRTSCHAFT: Tauschen Sie sich auch mit anderen Schulen oder Institutionen wie ALWIS über die Gemeindegrenzen hinweg aus?

Grützner: Der Austausch ist ein entscheidendes Element. Wie Herr Jähn schon gesagt hat, ist die Schule Teil des öffentlichen Netzwerkes in einer Gemeinde. Hier findet ganz viel statt. Auch die Vereine sind in unser Nachmittagsprogramm mit eingebunden. Vernetzung findet in jedem Fall statt. Wenn es an Institutionen geht, die unsere Berufsorientierung stärken können, da arbeiten wir selbstverständlich mit der Industrie und Handelskammer oder mit der Handwerksammer zusammen. Auch mit ALWIS arbeiten wir zusammen. Wir haben eine jährlich stattfindende Berufsinformationsmesse für unsere Schüler hier in unserem Gebäude mit Betrieben, die wir mit ALWIS gemeinsam vorschlagen und hier bieten wir Schülern in allen Berufsfeldern Ausbildungsangebote an. Die Ausbildungsinhalte werden von den Betrieben vor Ort dargestellt. Eine weitere Kooperation hatten wir mit der IHK. Ein Modellprojekt namens „Tag des Handels“. Da haben wir Handelsunternehmen hier an die Schule gebracht. Nicht nur für unsere Schule, sondern auch für die Schulen in unserem Umkreis. Wir haben somit einmal den Handel in den Mittelpunkt gestellt, weil uns aufgefallen ist, dass es sinnvoll ist, interessierte Schüler zusammen zu bringen und in einem bestimmten Thema fit zu machen und zu informieren. Mit dem Ziel, dies dann wiederum in Fächern, wie dem neuen Fach „Beruf und Wirtschaft“ aufzugreifen und dann Schüler andere Schüler darüber informieren, was sie an diesem Tag erlebt/erreicht haben. So lernen Schüler, dass es sinnvoll ist, sich zu informieren, dass es zielführend ist, mehr zu tun, als andere und dass man dann auch einen Wissensvorsprung hat. So machen wir das mit mehreren Veranstaltungen in Unternehmen. Wir schicken ausschließlich interessierte Schüler als Experten hin. Die schauen sich das an und  berichten dann in ihren Klassen, was sie erlebt haben und was sie dort erfahren haben. So setzen wir Anreize auch für diejenigen Schüler, die sich erstmal noch abwartend zeigen, sich ebenfalls Projekte zu suchen, Unternehmen zu suchen, wo sie Experte sein möchten, bei denen sie  etwas Besonderes erlebt haben und dies dann ihrer Klasse mitbringen können. Dafür sind die überregionalen Institutionen und Netzwerke natürlich besonders hilfreich. Sowohl SCHULEWIRTSCHAFT als auch ALWIS, IHK, HWK usw. Auch wichtig sind die Universitäten mit ihren Schülerlaboren, die ein sehr gutes und ausgezeichnetes Angebot für Schüler anbieten.

Jähn: Für mich ganz konkret wichtig sind die zweimal im Jahr stattfindenden Sitzungen des Arbeitskreises SCHULEWIRTSCHAFT in den Betrieben oder anderen Schulen. Dies ist ein wichtiger Ort des Austauschs, denn da hat man automatisch alle interessierten Schul- und Betriebsvertreter vor Ort und kennt sich bereits persönlich bzw. kann immer wieder neue Gesichter dazu kennenlernen und sich direkt austauschen, was ja für mich persönlich auch ein Grund war, beim Arbeitskreis SCHULEWIRTSCHAFT mitzumachen.


SCHULEWIRTSCHAFT: Sie haben mit Ihrer Schule schon viel erreicht: Was würden Sie sich für die Zukunft wünschen, wenn Sie einen Wunsch frei hätten?

Grützner: Da reicht ein Wunsch nicht aus. Wir haben ganz viele Wünsche.

Jähn: Zum Beispiel eine schöne Ausstattung für unseren Berufsorientierungsraum. Mit der man dann ganz konkret arbeiten und Dinge anpacken kann. Bislang sind wir noch in anderen Fachräumen. Ein weiterer wichtiger Wunsch wäre, dass man die personelle Ausstattung bei der Berufseinstiegsbegleitung wieder ein klein wenig ausbauen könnte. Das ist leider aus verschiedenen Gründen jetzt etwas verringert worden. Wir hatten sehr gute Erfahrungen gemacht damit, dass die jungen Leute, die nicht von zu Hause aus die Unterstützung haben, wie andere, die nicht entsprechend begleitet werden und wo nicht ausreichend über Berufsziele und Orientierung gesprochen wird, gestärkt werden. Erfahrene Begleiter, die sie über die Schulzeit hinaus fördern und dafür sorgen, dass sie Dinge lernen, die das Elternhaus nicht mehr liefern kann, können sinnvoll unterstützen. Also, das wäre ein großer Wunsch von mir, dass man da wieder personell auf den alten Stand zurückkäme. Das haben wir hier in unserem Einzugsbereich bitter nötig. Und wir könnten noch mehr finanzielle Unterstützung gebrauchen, denn die Ideen werden uns sicherlich nicht ausgehen, wie man dieses Geld sinnvoll einsetzen könnte.


SCHULEWIRTSCHAFT: Welche Perspektiven sehen Sie für die SCHULEWIRTSCHAFT-Arbeit im Saarland?

Grützner: Die Perspektiven für die SCHULEWIRTSCHAFT-Arbeit zeigen sich im Ausbau der  Arbeitskreise und der Netzwerke vor Ort. Hier treffen Unternehmen, Entscheidungsträger  (z. B. auch Personen aus den  Ministerien) und die Schulen zusammen. Dass sie ins Gespräch kommen, sich austauschen und Projekte entstehen, die dann auch gemeinsam konzipiert und miteinander verzahnt sind. Ein wunderbares Beispiel haben wir da mit dem Berufswahl-SIEGEL ins Leben gerufen oder auch mit der neuen Richtlinie für Berufsorientierung. Diese sind verzahnt mit den Fortbildungsangeboten des Landesinstitutes für Pädagogik und Medien, mit dem wir auch sehr gut vernetzt sind


SCHULEWIRTSCHAFT: Herr Jähn, Herr Grützner herzlichen Dank! Eine letzte Frage noch: Wo gibt es Ihrer Erfahrung nach bei den Schulen den größten Unterstützungsbedarf?

Jähn: Mir fällt zu dieser Frage ganz spontan etwas ein, was auch die Schulleitung, die Schulentwicklung betrifft: Uns wäre sehr geholfen, wenn wir noch weitere Unterstützung aus dem Kreise der Wirtschaft bei unserer Schulentwicklungsarbeit bekämen. Wir hatten in früheren Jahren einen externen Begleiter, der aus Altersgründen ausgeschieden ist und wir wünschen uns jemanden, der die Kompetenz mitbringt und uns auf Dinge aufmerksam macht, die über die Schulmauern hinaus für uns gar nicht so sichtbar sind. Jemand, der uns die Erfahrungen der Wirtschaft und die Methoden der Wirtschaft ein bisschen näher bringt. Da sehe ich einen Unterstützungsbedarf für die Schule in Bezug auf die weitere Entwicklung. Und dann natürlich die Bereitstellung von Praktikumsplätzen für Schülerinnen und Schüler, die nicht ganz so leistungsstark sind. Junge Menschen, die halt vielleicht dann über die praktische Arbeit doch einen Weg finden, auch die Theorie wieder in den Griff zu bekommen. Das wirkt oftmals sehr motivierend und ist leider in der letzten Zeit in Einzelfällen etwas zurückgedrängt worden, da man sich mehr auf die guten, leistungsstarken, höher abschließenden Schüler konzentriert. Da wünsche ich mir wieder ein bisschen mehr Vielfalt, auch gerade im Zusammenhang mit den neu hinzukommenden Kindern aus den Krisen- und Kriegsländern. Wir brauchen ganz viele Plätze für Kinder, die Defizite mitbringen und wir brauchen auch die Bereitschaft der Betriebe, bzw. der Wirtschaft mitzuhelfen, diese Defizite auch während der Ausbildungszeit etwas zu beheben. Dies kann nicht alleine die Schule lösen in der zur Verfügung stehenden Zeit.

Grützner: Wenn wir mit den Gemeinschaftsschulen die Lebenswirklichkeit in die Schule bringen möchten in Fächern wie „Arbeitslehre“ oder „Beruf und Wirtschaft“, dann kann es sehr hilfreich sein, wenn die Betriebe  frühzeitig auch mit kleinen Projekten in die Schulen gehen bzw. mit den Schulen zusammenarbeiten. Hierbei entstehen die besten Kontakte zwischen Schülern und Unternehmen. Schüler bekommen Einblicke, wie so ein Unternehmen tickt. Wie ist die Ansprache? Wie ist das Auftreten der Menschen, die erwerbstätig sind und einer Arbeit nachgehen? Wie wird dort gesprochen? Was wird dort erwartet? Dies beginnt mit Kleinigkeiten, die am Aussehen, am Verhalten, am Umgang miteinander festzumachen sind und geht dann über in die konkreten praktischen Tätigkeiten. Wie liegt mir etwas und wer macht das, was mir liegt? Wenn wir hier die Möglichkeit hätten, solche Projekte noch stärker mit Schule zu verzahnen, dann sehe ich darin einen Win-Win-Effekt für beide. Für die Unternehmen, die schon frühzeitig sehen, wie sind die Schüler von heute, auf was muss ich mich einstellen?  Welche Schüler gibt es, die für mich interessant sind?  Kenne ich schon jemand, den ich dann vielleicht auch konkret ins Praktikum einlade? Bei wem kann ich mich schon freuen, wenn der oder die  sich in meinem Unternehmen bewirbt, da er oder sie in meine Unternehmenskultur passt? Gleichzeitig haben die Schüler die Chance ihre Perspektiven zu sehen. Hier gibt es Unternehmen, die für mich interessant sind und wenn es nicht bei diesem Betrieb klappt, dann kann ich in diesem Berufsfeld weitersuchen. Unternehmen haben ja auch Kontakte untereinander und können sich dann dementsprechend austauschen. Das wäre sehr hilfreich, wenn wir hier eine stärkere Verzahnung mit den Betrieben hinbekämen, insbesondere auch im Unterricht.
 

SCHULEWIRTSCHAFT: Es wäre demnach wichtig, die lokale Vernetzung mit den Betrieben vor Ort hier noch weiter auszubauen?

Grützner: Ja, das ist ein wichtiges  Feld. Es hilft uns wenig, wenn wir in einer Ausbildungsmesse sehen, was es in anderen Landesteilen des Saarlandes an Ausbildungsbetrieben gibt. Wir brauchen die Unternehmen vor Ort, die hier ausbilden, die für unsere Schüler erreichbar sind, die unsere Schüler auch ansprechen können. Hier ist  es dann auch wirklich möglich ein Praktikum zu machen oder in den Ferien ein Probearbeiten zu vereinbaren. Hier macht eine Bewerbung Sinn. Wenn sich an unserer Schule jemand vorstellt, der aber in Saarlouis ausbildet, dann sind einfach die Wege so weit, dass unsere Schüler den Weg dorthin nicht gehen werden. Und dieses regionale Netzwerken müssen wir noch stärker in den Fokus setzen. Mit den Betrieben, die hier in nächster Nähe der Schule verortet sind, haben wir gerade in Homburg eine ganze Menge an Möglichkeiten.

Bernd Jähn und Nils Grützner, GemS Neue Sandrennbahn