AKTUELLES SCHULEWIRTSCHAFT Saarland

Interviews

Hier erfahren Sie alles Wissenswerte rund um unsere Interviews im Rahmen unserer SCHULEWIRTSCHAFT-Arbeit im Saarland.

SCHULEWIRTSCHAFT Saarland zu Besuch bei ...

Thomas Bonerz, Schulleiter der Albertus-Magnus-Realschule in St. Ingbert

Über die Besonderheiten der Beruflichen Orientierung an der privaten Realschule berichtet Herr Bonerz und gibt Einblicke in das selbst entwickelte Konzept "Workshoptage". Zudem gibt er Tipps für Jugendliche bei der eigenen Berufswahl und stellt heraus, wie wichtig das eigene Konzept zur Gewinnung von externen Kräften maßgeblich zu der Erreichung des Berufswahl-SIEGELs Saarland beigetragen hat.

Herr Bonerz, Sie sind seit 2012 Schulleiter an der privaten Albertus-Magnus-Realschule. Was macht Ihre Schule aus?

Die Albertus-Magnus-Realschule lässt sich durch drei Worte beschreiben : Werte, Leistung, Zukunft. Wir legen in der Schulgemeinschaft viel Wert auf Tugenden, die wir in dem sich immer schneller drehenden Ausbildungskarussell für wichtig halten. Dazu zählen Fleiß, Disziplin, Höflichkeit, Pünktlichkeit, Achtsamkeit und noch andere. Diese sind in unserem Leitbild festgehalten. Darauf aufbauend fordern wir von unseren Schülerinnen und Schülern (SuS) Leistung und die Bereitschaft, diese auch erbringen zu wollen. Ohne diesen Gedanken hat Schule nichts mit den Anforderungen des späteren beruflichen Lebens zu tun. Ausgerüstet mit den Werten und dem Leistungsgedanken erhalten die SuS die Sicherheit für die Planbarkeit ihrer eigenen Zukunft. Unsere Hauptaufgabe ist es, die uns anvertrauten Kinder optimal auf ihr späteres Leben vorzubereiten und ich persönlich glaube, dass wir mit dem oben genannten Konzept gar nicht so falsch liegen.


Sie haben ein eigenes Konzept entwickelt, um junge Menschen beruflich zu orientieren, die sogenannten Workshoptage. Könnten Sie uns kurz skizzieren, was dieses Angebot beinhaltet?

Neben Schülerbetriebspraktikum,  Unterrichtsgängen, Firmenerkundungen, u.v.a bieten wir unseren SuS ab dem neunten Schuljahr jeweils 2 Tage unverbindlich die Möglichkeit, bei einem unserer 14 Kooperationspartner "Schnupper-Arbeitstage", die sogenannten "Workshoptage" durchzuführen. Die Auswahl der Arbeitsplätze erfolgt individuell nach den Neigungen der SuS bezüglich der angebotenen Ausbildungsberufe der Kooperationspartner. Dadurch ist sichergestellt, dass SuS in den Unternehmen betreut werden, für deren Berufsfelder sie sich interessieren. Während dieser Tage ergibt sich natürlich die Möglichkeit für die Unternehmen mit ausbildungswilligen SuS Kontakt aufzunehmen und weitere schulische oder berufliche Wege zu besprechen.


Aus Ihrer persönlichen Erfahrung heraus: Was können Schulen tun, um die Ausbildungsreife Ihrer Schülerinnen und Schüler zu verbessern?

Schulen sollten sich für Kontakte zu Unternehmen öffnen. Unsere Hauptaufgabe ist es, SuS optimal auf das spätere Leben vorzubereiten. Ich persönlich maße mir als Lehrer nicht an, fundiert über Vorgänge und Notwendigkeiten betrieblicher Vorgänge lehren zu können. Daher ist es für mich zwingend notwendig, dass dies in den Einrichtungen geschieht, die das Wissen dazu haben. Das sind die Unternehmen. Deswegen müssen sie unbedingt in das schulische Ausbildungskonzept integriert werden. Den SuS müssen passende, individuelle Angebote sowohl von Schule als auch von Unternehmen gemacht werden, damit sinnvolle Perspektiven zur Lebensplanung gezeigt werden können.


Welche Tipps haben Sie für junge Leute bei der Berufswahl?

Seid neugierig, probiert alles aus, wozu euch die Möglichkeit gegeben wird. Auch wenn manche Erwartungen, Wünsche oder Vorstellungen sich nicht erfüllen, gibt es immer neue Wege. Ihr müsst nur den Mut haben, diese auch beschreiten zu wollen und dann ist natürlich eine gewisse Menge an Durchhaltevermögen wichtig, bis Ziele erreicht werden. Festzustellen, dass eine getroffene Wahl nicht die richtige war, ist kein Beinbruch. Um dieses Risiko minimieren zu können, ist es ungemein wichtig, sich so viel Wissen wie möglich zu erarbeiten. In unserer heutigen Zeit müsst ihr immer flexibel sein. Änderungen kommen immer wieder und sind nichts Schlimmes, sie sind Herausforderungen.


Sie haben 2016 als eine der ersten Schulen im Saarland das Berufswahl-SIEGEL erhalten und sind bereits sehr gut aufgestellt: Was möchten Sie in den nächsten Jahren mit Ihrer Schule erreichen?

Wir möchten den hohen Standard an der Schule im Bereich der beruflichen Ausbildung noch weiter entwickeln. Dazu sollen Erfahrungen von Eltern stärker einbezogen und das Portfolio an Kooperationspartnern erweitert werden. Ebenso soll die Digitalisierung weiter vorangetrieben werden. Wir wollen als private Realschule überregional bekannter werden und als sinnvolle Alternative zum bestehenden Bildungskonzept fester in der Bildungslandschaft integriert werden.


Wie kann SCHULEWIRTSCHAFT dabei unterstützen?

Das Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT bietet optimale Voraussetzungen, mit verschiedenen Gruppen Ideen auszutauschen, Verbesserungen zu diskutieren oder neue Eindrücke zu erlangen. Insofern sind die Veranstaltungen in diesem Rahmen immer sehr förderlich, um Schule weiter entwickeln zu können.


Eine wichtige Frage für unsere Akteure ist die der Einbindung von Eltern in Berufswahlprozesse: Wie gehen Sie vor, um Eltern in ihrer Rolle als Multiplikatoren für die berufliche Orientierung der Jugendlichen zu gewinnen?

Das Konzept zur Einbindung der Erfahrungen der Eltern ist bereits andiskutiert. Es sieht vor, dass Eltern - stellvertretend für bestimmte Berufsfelder - Informationsveranstaltungen für interessierte SuS aus den neunten und zehnten Klassen halten. Auch hier soll eine individuelle Wahlmöglichkeit der SuS eine höhere Zustimmung zu den Berufen generieren. Die authentischen Schilderungen durch die Eltern sollen das berufliche Wunschbild der SuS noch stärker prägen. Wir streben also ein 3-Säulen-Modell in der beruflichen Ausbildung an: Unternehmen - Schule - Eltern. Je mehr verschiedene Eindrücke bei den SuS entstehen, desto besser können sie Entscheidungen für ihren eigenen Werdegang treffen.


Gibt es an Ihrer Schule Modelle der Gewinnung und Einbindung von Externen (Eltern, Betriebe u.a.), die sie weiterempfehlen können?

Wir haben ein eigenes Konzept zur Gewinnung von externen Kräften ausgearbeitet, das maßgeblich zu der Erreichung des Berufswahl-SIEGELs Saarland beigetragen hat. Wichtig dabei ist die genaue Analyse möglicher Vorteile sowohl für Unternehmen als auch für Schule, bevor es zu einer Kontaktaufnahme kommt. Eine Schule sollte sehr genau über die eigene Leistungsfähigkeit Bescheid wissen. Dies geschieht über die Erlangung von Zertifikaten. Mit diesen validen Größen können für einen möglichen neuen Kooperationspartner Win-Win-Situationen diskutiert werden. Die Inhalte der kooperativen Zusammenarbeit werden schriftlich festgehalten, eine öffentlich bekundete Zusammenarbeit ist notwendig. Es finden fast monatlich Austausche der verschiedenen Gruppierungen statt, um alle Prozesse bis hin zu den Workshoptagen optimieren zu können. Zum Ende eines jeden Schuljahres wird in einer gemeinsamen Abschlussveranstaltung die Kooperation auf Wirksamkeit überprüft und das Folgejahr vorbereitet.


Ihre Schule ist sowohl in der Region, als auch überregional gut vernetzt. Im Hinblick auf aktuell geplante Aktivitäten: Gibt es Kooperationen mit Funktionsträgern in Ihrer Gemeinde? Unterstützt beispielsweise der Bürgermeister SCHULEWIRTSCHAFT-Aktivitäten vor Ort?

Die örtliche Politik unterstützt uns sehr gut bei vielen Maßnahmen,  die wir durchführen. Schulen sind immer ein Spiegelbild der Gesellschaft. Eine gut funktionierende Schule ist bestimmt kein Schaden für das Ansehen einer Stadt oder Gemeinde. Insofern ist der gute Kontakt zur Politik ein wichtiges Zahnrad für das Gelingen von Schule. Zur Zeit arbeiten SuS an einem Spiel im Auftrag der Stadt St. Ingbert, bei dem wichtige Gebäude als 3D-Modelle gedruckt werden. Dieses Spiel wird wohl in naher Zukunft erscheinen. Die örtliche Politik ist also sehr an der Förderung modernster Kompetenzen unserer SuS interessiert und unterstützt uns auch dabei.


Tauschen Sie sich auch mit anderen Schulen oder Institutionen wie Alwis über die Gemeindegrenzen hinweg aus?

Dadurch, dass SCHULEWIRTSCHAFT überregional arbeitet, kann man sich über gute Konzepte überregional informieren. Die gemeinsamen Treffen und Veranstaltungen in den verschiedenen Arbeitskreisen helfen dabei enorm. Des weiteren tauschen wir uns immer wieder mit der Universität des Saarlandes, der Wissenswerkstatt Saarbrücken oder anderen Institutionen aus, wenn es darum geht, unseren SuS die Berufswahl zu erleichtern oder das Wissen unserer SuS zu erweitern. Dazu nehmen wir natürlich auch an Veranstaltungen der Agentur für Arbeit oder ALWIS teil.


Sie haben mit Ihrer Schule schon viel erreicht: Was würden Sie sich für die Zukunft wünschen, wenn Sie einen Wunsch frei hätten?

Wir haben unsere Schule auf dem Weg in die Digitalisierung bereits gut aufgestellt. Unser Konzept dafür war so bemerkenswert, dass wir als eine von 12 Schulen (von über 40.000 möglichen) in Deutschland das Zertifikat "MINT-freundliche-digitale-Schule"  erworben haben. Diese Auszeichnung in Verbindung mit dem Berufswahl-SIEGEL Saarland sollte uns in den nächsten Jahren den Ansporn geben, uns ständig weiterentwickeln zu wollen. Mein größter Wunsch dazu wäre die Umsetzung der Digitalisierung der Schulbuchausleihe. Bis dato ist dies am Thema Geld gescheitert. Ein fertiges Konzept besteht schon seit längerem, allerdings müssen zur Durchführung neben den finanziellen auch politische Hürden genommen werden. Leider braucht dies viel Zeit. Sollte das Konzept aber durchgesetzt werden, könnte unter Einbeziehung aller eben diskutierten Punkte wie Ausbildung,  Beruf, Unternehmensansprüchen, Digitalisierung, etc. die Albertus-Magnus-Realschule als Modellschule für eine mögliche "Schule der Zukunft" fungieren und die Zukunft darf nicht jetzt verschlafen werden!


Welche Perspektiven sehen Sie für die SCHULEWIRTSCHAFT-Arbeit im Saarland?

Das Konzept von SCHULEWIRTSCHAFT sollte im Saarland noch weiter ausgebaut werden.  Obwohl die Arbeit zeitintensiv ist, bringt sie einen enormen Zugewinn an Erfahrungen, wenn man die Möglichkeit hat, sich mit vielen anderen Gruppierungen auszutauschen. Insofern sehe ich großes Potenzial für SCHULEWIRTSCHAFT und ich freue mich schon auf die weitere, gewinnbringende Zusammenarbeit.


Herr Bonerz, eine letzte Frage noch: SCHULEWIRTSCHAFT unterstützt Schulen bei der Vermittlung von wirtschaftlichen Zusammenhängen mit Unterrichtsmodulen und am Übergang Schule-Beruf sowie in der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit Betrieben:
Wo gibt es Ihrer Erfahrung nach bei den Schulen den größten Bedarf?

Wenn die gegenseitige Abhängigkeit von Schule und Wirtschaft endlich anerkannt ist, sollten beide Seiten den Mut haben, gemeinsam zusammenarbeiten zu wollen. Im schulischen Bereich wäre es schön, wenn wir als Lehrer stärker Kenntnis über wirtschaftliche Abläufe hätten und für Unternehmen würde ich mir wünschen, dass sie einen stärkeren Einblick in den schulischen Alltag bekommen könnten. Nur durch gemeinsame Arbeit mit unseren SuS können zukünftige Hürden überwunden und Win-Win-Situationen für alle Beteiligten geschaffen werden. Webseite der Albertus-Magnus-Realschule

Thomes  Bonerz, Jahrestagung SCHULEWIRTSCHAFT Saarland 2016