AKTUELLES SCHULEWIRTSCHAFT Saarland

Interviews

Hier erfahren Sie alles Wissenswerte rund um unsere Interviews im Rahmen unserer SCHULEWIRTSCHAFT-Arbeit im Saarland.

SCHULEWIRTSCHAFT Saarland zu Besuch bei ...

Monika Greschuchna, GemS Nohfelden-Türkismühle

Dank einer starken Schulgemeinschaft und der zahlreichen Netzwerkpartner bzw. Freunde aus den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Politik konnte die Gemeinschaftsschule unter anderem den Landes- und Bundeswettbewerb "Starke Schule - Deutschlands beste Schulen die zur Ausbildungsreife führen" 2015 gewinnen.

Frau Greschuchna, Sie sind mit Ihrer Schule 2015 im bundesweiten Wettbewerb "Starke Schule" Deutschlands beste Schulen die zur Ausbildungsreife führen, ausgezeichnet worden. Sie haben nicht nur den Landeswettbewerb im Saarland gewonnen, sondern anschließend auch den Bundeswettbewerb. Was ist das Besondere an Ihrer Schule, was macht Ihre Schule aus?

Das Besondere an unserer Schule ist die konstruktiv agierende, überaus engagierte Schulgemeinschaft, der Geist des Miteinanders, die gegenseitige Unterstützung, das eigenverantwortliche Agieren sowie das gemeinsame Ringen um gute Lösungen für alle. Somit steht die Persönlichkeitsentwicklung jedes einzelnen Kindes im Vordergrund. Wir wollen starke Persönlichkeiten heranbilden, die nicht nur die schulischen Anforderungen meistern, sondern auch das Schulleben aktiv mitgestalten, indem sie ihre Initiativkräfte entfalten, ihre Ideen einbringen und an der Konzeptentwicklung mitwirken. Auch die Eltern sind zur aktiven Mitarbeit eingeladen. Dazu pflegen wir die direkte Ansprache und Ermunterung. Eltern arbeiten in unserer Schulentwicklungsgruppe, der sogenannten Steuergruppe mit und unterstützen die Schulentwicklung in jeglicher Hinsicht. Des Weiteren sind sie in die schulinternen Fortbildungen und in Projektgruppen eingebunden und nehmen an Fachforen teil. Dadurch tragen die Eltern maßgeblich zur Ausprägung einer aktiven Schulgemeinschaft bei. Sehr stolz bin ich auf unsere Lehrerteams, die überaus engagiert und in hohem Maße eigenverantwortlich agieren. In die Schulgemeinschaft integriert sind unsere zahlreichen Netzwerkpartner und Freunde aus den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Politik. Sie beraten und unterstützen uns tatkräftig und in vielfältiger Weise, worüber wir uns sehr freuen und worüber wir sehr dankbar sind!


Ausbildungsreife wird an Ihrer Schule großgeschrieben. Was können Schulen tun, um die Jugendlichen dahingehend zu fördern?

Sie können ihre Schülerinnen und Schüler zu starken Persönlichkeiten heranbilden: Persönlichkeiten, die werteorientiert handeln, die sich informieren und ihre Talente entfalten wollen, die agieren statt zu reagieren, die anpacken, mitgestalten wollen und teamfähig sind. Hierzu gehören auch u. a. ein souveränes Auftreten vor der Gruppe, das Beherrschen von Präsentationstechniken und die Fähigkeit eigene Ideen zu entwickeln, vorzutragen und umzusetzen. Durch solche Erfolgserlebnisse erfahren junge Menschen, dass sie selbstwirksam sind, sie entwickeln Selbstvertrauen und stellen sich erneut Herausforderungen. Neben einem umfassenden Konzept zur Beruf- und Studienwahl-vorbereitung ist ein guter Kontakt zu Unternehmen und Hochschulen wichtig, damit die Partner dort unterstützen, wo es sinnvoll ist.  Was wird aktuell von den Jugendlichen gefordert im Übergang in den Beruf? Worauf wollen Ausbildungsbetriebe, Universität oder Fachhochschule aufbauen? Für uns ist dies wichtig zu wissen, damit wir Curricula, die Konzepte und unsere Maßnahmen zur Persönlichkeitsbildung entsprechend ausgestalten können.


Was hat Sie motiviert, sich bei uns im Netzwerk zu engagieren?

Die positiven Erfahrungen und Kontakte mit der Wirtschaft. Von 1999 bis 2002 waren wir als Modellschule des Landkreises St. Wendel am Projekt KOUS, Kooperation SCHULE UNTERNEHMEN, beteiligt. Seit diesen Anfängen intensiver Netzwerkarbeit können wir Einblicke in Unternehmen gewinnen und vom Betriebsmanagement über Personalentwicklung bis zur Gestaltung des Übergangs Schule Beruf gute Tipps erhalten. Dies wirkt sich maßgeblich auf unser Konzept zur Berufs- und Studienwahl aus, das jährlich evaluiert und optimiert wird. Ich kann nur jeden motivieren, in einem solchen Netzwerk mitzuarbeiten. Das ist gewinnbringend für beide Seiten.


Sie fördern also auch die regionale Vernetzung vor Ort. Wie pflegen Sie die Kontakte zu regionalen Betrieben?

Der regelmäßige Kontakt ist bereits durch die Praktika der Schülerinnen und Schüler gegeben, die ein verpflichtendes Praktikum in den Klassenstufen 8, 9 und 10 ableisten. Des Weiteren erproben wir ein freiwilliges Praktikum in der Klassenstufe 11. Das heißt, dass wir sind ständig in den Betrieben präsent sind. Die Lehrkräfte sind vor Ort und der kontinuierliche Austausch mit den Ausbildern ist gegeben. Zudem laden wir Vertreter der Betriebe zu Veranstaltungen oder zu unseren Themenwochen hier ins Haus ein oder suchen das direkte Gespräch, um konkrete Vorhaben zu besprechen und in die Wege zu leiten. Wir versuchen auf diese Weise stets den Kontakt zu vertiefen und im konstruktiven Austausch zu bleiben.
 

Welche Tipps haben Sie denn für junge Leute bei der Berufswahl?

Sich mit einem offenen Blick unterschiedliche Berufsbilder anzuschauen, sich eingehend zu informieren und den Fokus auf die eigenen Stärken zu richten. Die Ergebnisse der Potentialanalyse, des Talentchecks oder auch die in den Praktika oder in den weiteren Maßnahmen zur Berufs- und Studienwahl gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse geben zudem wichtige Hinweise, welcher Beruf einen später persönlich bereichern und erfüllen könnte und überdies weitere Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Als Ent-scheidungshilfe haben sich u. a. auch freiwillige Ferienpraktika oder der intensive Aus-tausch mit Auszubildenden bewährt.


Was wollen Sie in den nächsten Jahren mit Ihrer Schule erreichen? Sie haben ja schon sehr viel aufgebaut. Aber sicherlich haben Sie weitere Ziele vor Augen. Wie sieht das bei Ihnen aus?

Wir haben noch etliche Ziele vor Augen. Natürlich wollen wir unser Programm zur Berufs- und Studienwahl von Klassenstufe 5 bis 13 stets optimieren, was uns mit unseren Netzwerkpartnern auch gelingen wird. Ein weiterer Schwerpunkt stellt die Unterrichtsentwicklung dar. Denken Sie nur an die inklusive Bildung oder die Individualisierung des Unterrichts. Hierzu erhalten wir wichtige Impulse im Netzwerk der saarländischen Pilotschulen sowie im Netzwerk der stärksten Schulen in Deutschland. Überdies optimieren wir stets unser Förderkonzept mit Lernwerkstattangeboten zur Aufarbeitung von Lerndefiziten und vielfältigen Angeboten zur Begabungsförderung mit Schwerpunkt auch auf die Hochbegabtenförderung. Hier können wir bereits erfolgreiche Module, wie das Querdenkerangebot, die Studientage oder die Türkismühler KinderUni vorweisen.


Eine wichtige Frage für unsere SCHULEWIRTSCHAFT-Akteure ist die Einbindung von Eltern in Berufswahlprozesse. Wie gehen Sie vor, um Eltern in ihrer Rolle als Multiplikatoren für die berufliche Orientierung der Jugendlichen zu gewinnen?

Das Thema „Berufsorientierung“ durchdringt unser Schulleben. Ab der Klassenstufe 5 wird die Thematik in den Elternabenden aufgegriffen. Aktiv sind die Eltern involviert, wenn sie in den unteren Klassenstufen den Schülerinnen und Schülern ihre Berufe vorstellen. Darüber hinaus werden die Eltern durch die Präsentation der Ergebnisse der Praktika und durch Informationsveranstaltungen und Foren eingebunden. Individuelle berufsorientierte Beratungsgespräche mit dem einzelnen Schüler oder der einzelnen Schülerin und den Eltern im Anschluss an die berufsorientierten Fördergespräche komplettieren dies. An der Konzeptentwicklung und –überarbeitung unserer Maßnahmen zur Berufs- und Studienwahlvorbereitung von Klassenstufe 5 bis 13 sind die Eltern überdies durch die Mitarbeit in der Steuergruppe und in den schulischen Gremien beteiligt.


Gibt es an Ihrer Schule weitere Modelle der Gewinnung und Einbindung von Externen, z.B. Eltern oder Betrieben, die Sie weiterempfehlen könnten?

Für mich ist die direkte Ansprache der erste Schritt. Wenn man eine Idee hat, sieht einen potentiellen Partner im Umkreis oder ein Unternehmen, in dem man einen guten Ausbildungsort für die Schülerinnen und Schüler vermutet, sollte man entweder um einen Termin bitten oder den potentiellen Partner in die Schule einladen, zum persönlichen Gespräch oder zu Informationsveranstaltungen, Feiern, Präsentationen. Unsere damalige Auftaktveranstaltung zum KOUS-Projekt war eine solche Gelegenheit. Wir hatten das Modellprojekt und unser Vorhaben der Öffentlichkeit vorgestellt. Anwesend waren auch viele interessierten Vertreter der umliegenden Betriebe. Der Kontakt zu den Schulen wird generell von den Betrieben verstärkt gesucht. Die Tür zu öffnen, lohnt sich immer. Wir laden grundsätzlich regelmäßig in unsere Schule ein, auch zu Abschlussfeiern oder zur aktiven Mitwirkung in den Themenwochen oder zur Mitarbeit in ausgewählten Unterrichtssequenzen. Und dies mit Erfolg!


Ihre Schule liegt ja in unmittelbarer Nähe zum angrenzenden Bundesland Rheinland-Pfalz. Gibt es an Ihrer Schule auch grenzüberschreitende Aktivitäten mit rheinland-pfälzischen Betrieben?

Natürlich gibt es grenzüberschreitende Aktivitäten. Das bietet sich hier in der Region geradezu an. Zahlreiche Schülerinnen und Schüler absolvieren im angrenzenden Rheinland-Pfalz ihr Praktikum oder beginnen nach ihrem Schulabschluss dort eine Ausbildung. Unterschiede zu den Kontakten mit saarländischen Betrieben gibt es somit nicht. Zur Orientierung haben wir eine schulinterne Broschüre entwickelt, in der wir die Besonderheiten des rheinland-pfälzischen Schulsystems und des Ausbildungssystems aufgeführt haben. Eine Übersicht über die Kammern, Ausbildungsbetriebe und über die Hochschulen ist zudem beigefügt.


Gibt es denn auch Kooperationen mit Funktionsträgern in Ihrer Gemeinde, d.h. unterstützt beispielsweise der Bürgermeister SCHULEWIRTSCHAFT-Aktivitäten vor Ort?

Wir erfahren eine großartige Unterstützung durch unseren Bürgermeister, den Ortsvorsteher und zahlreiche Funktionsträger unabhängig von der Fraktionszuge-hörigkeit. In allen Bereichen steht uns die politische Seite vor Ort zur Seite, auch am Übergang Schule-Beruf. Die politisch Verantwortlichen zeigen stets ein offenes Ohr, stellen Kontakte her, beraten und sind in der Schule für die Jugendlichen, Eltern und Lehrkräfte präsent. Wir sind eine Schule der Gemeinde und der Region. Als solche bringen wir uns ein, werden als Nachbarschaftsschule wahrgenommen und unterstützt.


Sie haben ja mit Ihrer Schule bereits unglaublich viel erreicht. Was würden Sie sich denn für die Zukunft wünschen, wenn Sie einen Wunsch frei hätten?

Ich wünsche mir eine umfassend selbstständige Schule, die mehr Entscheidungs-spielräume hat, als es derzeit der Fall ist. Gerade hinsichtlich des Personalmanagements, der strukturellen Ausprägung, der Finanzhoheit und der Unterrichtsgestaltung wären weitere Befugnisse zum Wohle der Schülerinnen und Schüler und zur Qualitätsverbesserung hilfreich.


Welche Perspektiven sehen Sie denn für die SCHULEWIRTSCHAFT-Arbeit im Saarland?

Ich sehe hier eigentlich nur vorzügliche Perspektiven. Die hervorragende Unterstützung der Schulen, die Möglichkeiten der Kooperation mit Unternehmen und Experten aus der Wirtschaft wird die Schulen zur Mitarbeit anspornen. Man muss diese Chance nur ergreifen. Zukunftsorientierte Unternehmen, die leistungsfähige, aktive Auszubildende suchen und Verantwortung für die Bildung insgesamt übernehmen wollen, werden auch die SCHULEWIRTSCHAFT-Arbeit unterstützen.


Eine letzte Frage noch: Wir unterstützen Schulen am Übergang Schule-Beruf sowie in der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit Betrieben. Wo gibt es Ihrer Erfahrung nach bei den Schulen den größten Unterstützungsbedarf?

Die Vermittlung von Kontakten, das Bereitstellen von Expertenwissen und die Kenntnis neuester Entwicklungen in der Arbeitswelt stellen einen großen Gewinn dar. Darüber hinaus erhält man durch die Vorstellung von Best-Practice-Modellen vielfältige Anregungen.

Monika Greschuchna, GemS Nohfelden